BUND Landesverband Niedersachsen

Fossile? Nein Danke.

Energiesicherheit jetzt!

Der Krieg in der Ukraine hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, wie abhängig wir von fossilen Energieträgern sind. Mit Ihrer Stimme haben wir gemeinsam mit NABU, WWF, Campact, DNR, Germanwatch und der Deutschen Umwelthilfe die Bundesregierung aufgefordert, endlich die Energiewende einzuleiten und Deutschland aus der fossilen Falle zu befreien.

Im Herbst sind in sechs Städten mehrere tausend Menschen auf die Straße gegangen, um für ein solidarisches Miteinander einzustehen. Wir bedanken uns aufrichtig für Ihr Engagement.

Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns drastisch gezeigt: Mit unserer Energieversorgung sind wir viel zu abhängig von Kohle, Öl und Gas aus den Händen von Despoten. Die Bundesregierung muss Ernst machen mit der Zeitenwende und in einem deutlich entschlosseneren Tempo als bisher den Energieverbrauch drastisch reduzieren und bei Strom, Wärme und Verkehr auf Erneuerbare Energien umsteigen. Nur so erreichen wir Energiesouveränität, sichern den Frieden in Europa und retten das Klima

Hierfür fordern wir das größte Investitions- und Maßnahmenpaket aller Zeiten:

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Wärme: Öl und Gas ersetzen - Häuser dämmen

Wärmewende einleiten - mit einem Förderprogramm für mindestens eine Million effiziente Wärmepumpen, einem sofortigen Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen und einem verbindlichen Plan für den Ausstieg aus fossilem Gas vor 2040

Effizienz massiv erhöhen - durch sofortige Anhebung der Mindesteffizienz-Standards für Gebäude und komplett klimaneutrale öffentliche Gebäude bis 2030

Sanierungsoffensive starten - mit einer dreimal höheren Sanierungsrate im Gebäudebestand und sozialer Absicherung für Mieter*innen

für Fachkräfte sorgen - mit einer Offensive für die Ausbildung und Qualifizierung

Energie: Erneuerbare entfesseln -Verbrauch senken

100% erneuerbarer Strom bis 2035 - durch Solarpflicht für alle geeigneten Dachflächen bei Neubau und Sanierung, eine Verdopplung der Windenergie-Leistung bis 2030 und einen verbindlichen Kohleausstieg bis 2030

Energie sparen - mit einem Energiesparziel von 40 Prozent bis 2030 gegenüber 2008

Industrie dekarbonisieren - mit massiven Investitionen in grüne Wasserstofferzeugung, -speicher und -transportinfrastruktur sowie Umstellung auf energiesparende und erneuerbar betriebene Prozesse

Bürger*innen ins Zentrum der Energieproduktion stellen - mit klaren Rahmenbedingungen, damit auch Bürger*innen Energie einfach selbst produzieren, verbrauchen und teilen können

Verkehr: Die Wende einleiten

Kraftstoffe sparen - durch ein sofortiges und generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h innerorts sowie regelmäßige autofreie Sonntage

Klimaschädlichen Verkehr eindämmen - durch ein schnelles Ende des Autobahnneubaus und von Billigflügen

Zukunftsmobilität stärken - durch den Ausbau einer sicheren Radinfrastruktur sowie deutlich höhere Investitionen in Europas Schienennetz und den ÖPNV, kombiniert mit einem 365-Euro-Jahresticket

Verkehrswende konsequent umsetzen - mit einem Aus für die Neuzulassung von Verbrennern spätestens 2030 und durch die Verlagerung von Güterverkehr auf Schiene und Schiff

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Offener Brief

Energiesouveränität durch das größte Klimaschutz-Investitionspaket aller Zeiten

Eine Zeitenwende braucht eine neue Ernsthaftigkeit für die Energiesouveränität

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich unsere Sicherheitsarchitektur in Europa massiv verschoben. Schockiert vom Angriff Putins auf die Ukraine änderte die Bundesregierung ihre militärpolitischen Prioritäten und verkündete die Schaffung eines Sondervermögens über 100 Milliarden Euro, um die Bundeswehr für die Landesverteidigung zu ertüchtigen.

Internationale Sicherheit lässt sich aber nicht alleine mit dem Militär gewährleisten. Gerade in der aktuellen Krise gilt, dass Sicherheit in einer vernetzten Welt nur dann möglich ist, wenn menschliche Sicherheit weltweit gewährleistet ist. Der sowohl von der Ampel-Koalition wie von der großen Koalition in ihren Koalitionsverträgen festgehaltene Ansatz, dass sich ein Anstieg der Verteidigungsausgaben 1:1 in einem Anstieg der Mittel für Diplomatie, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe widerspiegeln muss, ist angesichts von Klima- und sich massiv aufbauender Ernährungs- und Energiekrise im Globalen Süden weiterhin hoch aktuell. Er muss auch in Bezug auf das neue Sondervermögen Bundeswehr gelten.

Wir begrüßen, dass Sie in der historischen Sondersitzung des Deutschen Bundestages auch die sicherheitspolitische Notwendigkeit betonten, Deutschland aus der Abhängigkeit fossiler Importe wie Kohle, Öl und Gas zu befreien.

Das Gute ist: Der schnelle klimaneutrale Umbau unserer Gesellschaft ist möglich. Die Instrumente liegen auf dem Tisch, um Energieversorgung, Industrie und Mobilität aus den Zwängen der fossilen Energien zu befreien. Es bedarf jedoch deutlicher Investitionen. Investitionen, die sich schnell rechnen, denn erneuerbare Energien sind der mit Abstand kostengünstigste Energieträger. Sie sichern zudem unseren Wohlstand von morgen und verhindern geopolitische Erpressung. Dem Staat kommt die Rolle zu, neben ausreichenden öffentlichen Mitteln dafür auch privates Kapital zu mobilisieren.

Am 07. März verkündete Bundesfinanzminister Christian Lindner, die Bundesregierung werde bis 2026 über 200 Milliarden Euro für die Transformation bereitstellen. Das klang nach einem Befreiungsschlag. Schaut man genauer hin wird jedoch klar, dass die Bundesregierung keine Erhöhung der Investitionen infolge des Angriffs auf die Ukraine plant, sondern bereits eingeplante Posten aufsummiert:

  • Etwa 110 Milliarden Euro waren schon von der Vorgängerregierung in der Finanzplanung vorgesehen und reichen nach übereinstimmender Einschätzung der Expertinnen und Experten bei weitem nicht aus.
  • 60 Milliarden Euro sind nicht abgerufene Corona-Hilfskredite und wurden von der Ampel-Koalition bereits im Nachtragshaushalt 2021 beschlossen. Das war grundsätzlich gut, aber schon damals zu wenig, und erst recht nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine deutlich zu wenig.
  • 20 Milliarden Euro sind sogenannte Verpflichtungsermächtigungen – also geplante Vorgriffe auf künftige Haushalte – für CO2-Differenzverträge (CCfDs) in der Industrie. Damit sollen Unternehmen, die klimaschonend produzieren und im internationalen Wettbewerb stehen, potenzielle Mehrkosten kompensiert bekommen. Diese 20 Milliarden sind jedoch Luftbuchungen, da sich erst künftige Bundesregierungen um eine Gegenfinanzierung kümmern müssten.
  • 30 Milliarden Euro sind Restmittel, die noch im Energie- und Klimafond (EKF) liegen, und sind erwartete künftige Mehreinnahmen aus dem Europäischen Emissionshandel. Diese Mittel dürfen gesetzlich nur im Sinne des Klimaschutzes eingesetzt werden. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass die EEG-Umlage mit Mitteln des EKFs vollständig reduziert wird, was im Falle einer Senkung des Börsenstrompreises zu erheblichen Abflüssen führen könnte. Es wäre daher sinnvoll gewesen, diese Belastungen durch Steuermittel zu begleichen und nicht dem EKF zuzuweisen.

Bisher ist die Zeitenwende in der Finanzierung der notwendigen Transformation also nicht eingetreten. Dies gilt sowohl für die Größenordnung wie auch die strukturelle Einbindung und Mobilisierung privater Finanzflüsse. Um uns nicht nur rhetorisch aus der Abhängigkeit von Energielieferungen aus autoritären Regimen zu lösen, bedarf es jedoch erheblicher zusätzlicher Anstrengungen, einerseits um den Verbrauch fossiler Rohstoffe zu verringern, andererseits um die Importe zu diversifizieren.

Wir fordern Sie daher auf, in Ergänzung zu diesen für die Transformation bereits eingeplanten Mitteln mit dem größten Investitionspaket für Energiesicherheit und Klimaschutz aller Zeiten jetzt neue und zusätzliche Mittel in Höhe von 100 Mrd. Euro über die nächsten 4 Jahre zu sichern und im Haushaltsverfahren 2022 zu beschließen. Aus dem Investitionspaket sind ausschließlich Maßnahmen zu finanzieren, die auf die notwendige Transformation einzahlen.

Die notwendige Diversifizierung der Energieimporte wird summarisch zu einer Verschlechterung der Treibhausgasbilanz der fossilen Energieträger führen, etwa durch den zusätzlichen Energieaufwand bei der Verflüssigung von Erdgas. Wir fordern die Bundesregierung auf, einen konkreten Maßnahmen- und Finanzierungsplan dafür vorzulegen, wie sie ihre Ziele der Energiesicherheit und des Klimaschutzes unter diesen neuen Voraussetzungen erreichen will.

Das Investitionspaket Klimaschutz und Energiesicherheit soll insbesondere folgende Maßnahmen finanzieren:

  • Zusätzliche Anstrengungen, um Gas- und Ölheizungen im Bestand zu ersetzen. Nötig sind vor allem ein 1-Millionen-Programm für hocheffiziente Wärmepumpen und Solarthermie, die Unterstützung der Markteinführung der seriellen energetischen Sanierung und ausreichende Anreize (oder Vorgaben) für den Ersatz fossiler Energien in der Fernwärmeerzeugung.
  • Zusätzliche Anstrengungen für die Erhöhung der Energieeffizienz im Mobilitätssektor, etwa durch Investitionen in die Elektrifizierung des ÖPNV, ein 365,- Euro-Ticket für den ÖPNV und die Einführung eines günstigen Jahrestickets für den Fernverkehr, die naturverträgliche Ertüchtigung des Schienennetzes, um mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern.
  • Eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive - auch für geflüchtete Menschen - in energierelevanten Berufen. Sowohl im Baugewerbe als auch beim Ausbau der Erneuerbaren Energien darf der Fachkräftemangel nicht zur zentralen Bremse werden. Auch in den Planungsund Genehmigungsbehörden besteht erheblicher Handlungsbedarf.
  • Die Diversifizierung der Energieimporte wird voraussichtlich zu Preissteigerungen führen. Dabei sind insbesondere einkommensarme Haushalte zu unterstützen. Sachgerecht wären beispielsweise höhere Energiezuschüsse für einkommensarme Haushalte. Um Menschen mit geringem Haushaltseinkommen zu unterstützen, muss die ökologisch schädliche und sozial ungerechte Pendlerpauschale zu einer Pendelzulage weiterentwickelt werden. Zusätzlich muss die angekündigte Einführung einer pro-Kopf-Rückzahlung (Klimaprämie) beschleunigt werden.
  • Das Angebot einer kostenfreien Energieberatung für alle private Haushalte.
  • Die Beschleunigung des natürlichen Klimaschutzes wie die Wiedervernässung von Mooren, der Humusaufbaus in der Landwirtschaft oder der Vorratsaufbau in Wäldern.
  • Die auskömmliche Finanzierung bestehender Förderprogramme, die gleichermaßen die Energieeffizienz erhöhen und den Verbrauch von Erdgas, Erdöl und Kohle verringern. Hier geht es vor allem um die KfW-Förderung für Energieeffizienz im Gebäudebestand und um den Ökobonus für reine Elektrofahrzeuge. Angesichts des Wunsches vieler Menschen, Russlands Angriffskrieg nicht durch den Verbrauch fossiler Rohstoffe mitzufinanzieren und dabei gleichzeitig steigende Heiz- und Benzinpreise zu vermeiden, ist hier mit vielen neuen förderfähigen Anträgen zu rechnen. Wir fordern von der Bundesregierung eine Zusage, dass alle förderfähigen Anträge finanziert werden und die Sanierungs-Förderung in der bisherigen Höhe erhalten bleibt. Dies ist angesichts der steigenden Baukosten erforderlich. Bei der Elektromobilität sollte der Bonus für effiziente Elektrofahrzeuge künftig durch einen Malus für besonders ineffiziente Fahrzeuge gegenfinanziert werden.

All diese Maßnahmen sind bisher nicht – bzw. im Einzelfall nicht zureichend - im Bundeshaushalt abgebildet.

Wir fordern Sie dringlich auf, jetzt ein solches 100-Milliarden-Investitionspaket Klimaschutz und Energiesicherheit zu beschließen, und in der Haushalts- und Finanzplanung vollumfänglich finanziell zu unterlegen, damit Deutschland seinen Verbrauch fossiler Energien schnell verringern und die Importe diversifizieren kann.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Kai Niebert - Präsident DNR
Olaf Bandt - Vorsitzender BUND
Christoph Bautz - Geschäftsführender Vorstand Campact
Sascha Müller-Kraenner - Bundesgeschäftsführer DUH
Martin Kaiser - Geschäftsführender Vorstand Greenpeace
Christoph Bals -  Politischer Geschäftsführer Germanwatch
Jörg-Andreas Krüger - Präsident NABU
Christoph Heinrich - Vorstand Naturschutz WWF

P.S.: Dieser Brief wird gleichlautend auch an die Bundesminister Dr. Robert Habeck und Christian Lindner verschickt

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